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Politische und regulatorische Risiken für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern in Berlin

Berlin ist ein dynamischer Immobilienmarkt. Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern und Wohn- und Geschäftshäusern ergeben sich insbesondere durch politische Entscheidungen und regulatorische Eingriffe erhebliche Risiken. In diesem Beitrag beleuchten wir die wichtigsten Entwicklungen und zeigen auf, worauf Eigentümer achten sollten. Als erfolgreicher Immobilieninvestor sollten solche Risken bewertet und „eingepreist“ werden. Je nach Risikoaffinität und Zusammensetzung des Gesamtvermögens, kann jedoch auch ein Verkauf einer Immobilie zur Risikovermeidung in Erwägung gezogen werden. Insbesondere diejenigen, die Risiken komplett vermeiden möchten und das eigene Vermögen schützen möchten, sollten die folgenden Punkte kritisch prüfen.

 

1. Mietregulierung: Zwischen Mietpreisbremse und Mietendeckel

Die Mietpreisbremse gilt in Berlin seit 2015 und wurde mehrfach verschärft und verlängert. Sie begrenzt die Miethöhe bei Wiedervermietung auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zwar wurde der Berliner Mietendeckel 2021 vom Bundesverfassungsgericht gekippt, doch die politische Diskussion um staatliche Eingriffe in den Mietmarkt bleibt präsent. Eigentümer müssen damit rechnen, dass neue Regulierungsinstrumente eingeführt werden – etwa auf Bundesebene. Auch die Möglichkeit zu Modernisierungserhöhungen wurde eingeschränkt. Einige Modernisierungen können im „Milieuschutzgebiet“ komplett untersagt werden.

 

Risiko: Eingeschränkte Mietanpassungen können die Rentabilität von Investitionen erheblich beeinträchtigen.

 

2. Milieuschutz, Sanierungsgebiet und Denkmalschutz: Wenn Regulierung zur Belastung wird

Berlin setzt seit Jahren auf städtebauliche Instrumente, um soziale Strukturen zu erhalten, städtebauliche Missstände zu beseitigen und kulturelles Erbe zu schützen. Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern bedeutet das jedoch oft: massive Einschränkungen bei Modernisierung, Verwertung und Gestaltung ihrer Immobilien.

 

Soziales Erhaltungsgebiet („Milieuschutz“)

Milieuschutzgebiete sollen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten. In Berlin gibt es über 70 solcher Gebiete – darunter Teile von Neukölln, Kreuzberg, Wedding und Friedrichshain. Es besteht das Risiko, dass weitere Gebiete zum Milieuschutzgebiet erklärt werden.

Einschränkungen:

  • Genehmigungspflicht für Modernisierungen (z.B. Balkone, Aufzüge, Grundrissänderungen)
  • Verbot von Luxusmodernisierungen
  • Zusätzliche Planungs- und Abstimmungskosten bei Wohnungsmodernisierungen
  • Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen
  • Vorkaufsrecht des Bezirks bei Verkauf

Risiken für Eigentümer:

  • Wertverlust durch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten
  • Verzögerungen bei Genehmigungen
  • Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen

Sanierungsgebiet

Sanierungsgebiete dienen der städtebaulichen Erneuerung. Eigentümer unterliegen hier besonderen Pflichten und Kontrollen.

Einschränkungen:

  • Sanierungspflicht nach Maßgabe des Bezirks
  • Genehmigungspflicht für bauliche Maßnahmen
  • Abführung von Ausgleichsbeträgen nach Abschluss der Sanierung

Risiken für Eigentümer:

  • Kostenintensive Vorgaben durch Sanierungsziele
  • Eingeschränkte Planungshoheit
  • Finanzielle Belastung durch Ausgleichsbeträge

Denkmalschutz

Denkmalgeschützte Gebäude sind kulturell wertvoll – aber auch regulatorisch stark eingeschränkt.

Einschränkungen:

  • Erhaltungsgebot für historische Substanz
  • Genehmigungspflicht für jede bauliche Veränderung
  • Vorgaben für Materialien, Farben und Bauweise
  • Ausschluss von einigen Modernisierungsmaßnahmen und erschwerte Anpassung an Stand der Technik

Risiken für Eigentümer:

  • Hohe Sanierungskosten durch denkmalgerechte Vorgaben
  • Begrenzte Fördermittel
  • Erschwerte Vermarktung bei eingeschränkter Nutzbarkeit

 

Fazit: Regulierung braucht Strategie

Ob Milieuschutz, Sanierungsgebiet oder Denkmalschutz – Eigentümer von Mehrfamilienhäusern in Berlin müssen sich auf komplexe Genehmigungsverfahren, finanzielle Belastungen und eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten einstellen. Eine frühzeitige Abstimmung mit Fachanwälten, Architekten und der Hausverwaltung ist entscheidend, um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen.

 

3. Umwandlungsverbot: Einschränkungen bei der Verwertung

Seit dem Inkrafttreten des § 250 BauGB ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten – wie Berlin – stark eingeschränkt. Genehmigungen werden nur in Ausnahmefällen erteilt. Für Eigentümer bedeutet das: Die Flexibilität bei der Verwertung ihrer Immobilie ist deutlich reduziert.

 

Risiko: Begrenzte Exit-Strategien und geringere Marktwerte bei geplanter Veräußerung.

 

4. Enteignungsdebatte und Volksentscheide

Der Berliner Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hat gezeigt, dass politische Mehrheiten für drastische Maßnahmen möglich sind. Auch wenn die Umsetzung aktuell offen ist, bleibt das Thema ein Unsicherheitsfaktor für Eigentümer großer Wohnportfolios.

 

Risiko: Politische Eingriffe in Eigentumsrechte und potenzielle Wertverluste.

 

5. Steuerliche Änderungen und Förderpolitik

Änderungen bei der Grunderwerbsteuer, der Abschreibungsmöglichkeiten oder der Förderung von Neubau und Sanierung können sich direkt auf die Wirtschaftlichkeit von Mehrfamilienhäusern auswirken. Die politische Richtung ist dabei nicht immer vorhersehbar. Auch wird über Änderungen der Gewerbesteuer für eine vermögensverwaltende GmbH oder der Wegfall von steuerfreien Verkäufen diskutiert, so dass Renditeplanungen erheblich beeinflusst werden könnten.

 

Risiko: Planungsunsicherheit und sinkende Renditen durch steuerliche Belastungen.

 

6. Energetische Sanierung und ESG-Vorgaben

Die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden steigen kontinuierlich. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und der EU-Taxonomie rücken energetische Sanierungen und Nachhaltigkeitskriterien stärker in den Fokus. Eigentümer müssen investieren – oft ohne unmittelbare Refinanzierung über die Miete.

 

Risiko: Hohe Investitionskosten und Unsicherheit über zukünftige Förderbedingungen.

 

ESG-Kriterien und europäische Regulierung: Nachhaltigkeit wird zur Pflicht

In den letzten Jahren hat sich das Thema ESG - Environmental, Social, Governance - von einem freiwilligen Leitbild zu einem regulatorischen Rahmen entwickelt, der auch private und institutionelle Immobilieneigentümer zunehmend betrifft. Besonders wichtig sind dabei die Vorgaben der Europäischen Union, die über verschiedene Richtlinien und Verordnungen in nationales Recht überführt werden sollen. Die Auswirkungen sind noch nicht mit Sicherheit zu bewerten, jedoch drohen weitreichende Folgen.

 

EU-Taxonomie-Verordnung

Die EU-Taxonomie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig erachtet werden. Für Immobilien bedeutet das: Nur Gebäude, die bestimmte Energieeffizienzstandards erfüllen oder durch Sanierung deutlich verbessern, gelten als „grün“. Dies hat direkte Auswirkungen auf:

  • Finanzierungen: Banken bevorzugen ESG-konforme Objekte bei der Kreditvergabe.
  • Bewertungen: Nachhaltige Gebäude erzielen höhere Marktwerte
  • Berichtspflichten: Große Eigentümer müssen ESG-Kriterien offenlegen

CSRD – Corporate Sustainability Reporting Directive

Ab 2026 müssen auch mittelgroße Unternehmen (z.B. größere Hausverwaltungen oder Bestandshalter) Nachhaltigkeitsberichte nach EU-Standards veröffentlichen. Das betrifft auch die Transparenz über CO₂-Emissionen, Energieverbrauch und soziale Aspekte der Immobilienbewirtschaftung.

 

Gebäudeenergiegesetz (GEG) und Renovation Wave

Die EU verfolgt mit der „Renovation Wave“ das Ziel, den Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral zu machen. In Deutschland wird dies durch das GEG umgesetzt. Für Eigentümer bedeutet das:

  • Pflicht zur Sanierung bei Eigentümerwechsel oder größeren Umbauten
  • Verbot von Öl- und Gasheizungen in Neubauten ab 2024
  • Förderprogramme für energetische Maßnahmen – jedoch oft mit komplexen Antragsverfahren

Risiken für Eigentümer

  • Investitionsdruck: ESG-konforme Sanierungen sind teuer und oft nicht sofort refinanzierbar
  • Wertverluste: Nicht nachhaltige Gebäude verlieren an Marktattraktivität
  • Regulatorische Unsicherheit: Die Vorgaben ändern sich schnell – Planungssicherheit ist schwer zu erreichen
  • Zusatzkosten z.B. durch nicht umlegbare CO2-Kostenateile, hydraulischen Abgleich etc.

 

ESG ist kein Trend, sondern ein Paradigmenwechsel

Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern in Berlin ist ESG nicht mehr optional. Wer heute nicht in Nachhaltigkeit investiert, riskiert morgen Wertverluste, Finanzierungsprobleme und regulatorische Konflikte. Eine vorausschauende Strategie, die ökologische, soziale und Governance-Aspekte integriert, ist daher unerlässlich.

 

7. Zinsänderungsrisiko für Anschlussfinanzierungen

Die letzten Jahre haben es gezeigt: . Die Leitzinsentscheidungen der EZB haben erhebliche Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Aus einer Phase der Niedrigzinsen mit Finanzierungsmöglichkeiten von unter 1% Darlehenszins und explodierenden Immobilienpreisen, kam es zu Inflation, einem rapiden Zinsanstieg und sinkenden Immobilienpreisen. Fällt eine Anschlussfinanzierung genau in diesen Zeitraum, kann es schnell zu hohen Risiken führen, die die Rendite entscheidend beeinflussen können - mitunter kommt es zur Zahlungsunfähigkeit.

 

Risiko: Zinsänderungen und Marktphasen werden nicht frühzeitig antizipiert und Darlehen sind nicht ausreichend diversifiziert/abgesichert.

 

8. Baukosten und Bauordnung: Teure Vorgaben und komplexe Verfahren

Die Baukosten in Berlin sind in den letzten Jahren stark gestiegen – nicht nur durch Material- und Lohnkosten, sondern auch durch immer umfangreichere gesetzliche Vorgaben. Die Berliner Bauordnung (BauO Bln) sowie bundesrechtliche Regelungen wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Musterbauordnung (MBO) stellen hohe Anforderungen an Neubau und Sanierung.

 

Steigende Baukosten

  • Materialpreise: Rohstoffe wie Holz, Stahl und Dämmstoffe sind teils um über 30% gestiegen.
  • Fachkräftemangel: Lange Wartezeiten, fehelendes personal und höhere Löhne treiben die Kosten.
  • Technische Standards: Anforderungen an Barrierefreiheit, Brandschutz, Schallschutz und Energieeffizienz erhöhen den Planungs- und Ausführungsaufwand.

Bauordnungsrechtliche Vorschriften

Die Berliner Bauordnung regelt unter anderem:

  • Abstandsflächen und Nachbarrechte
  • Stellplatzpflichten (mit Ausnahmen in bestimmten Lagen)
  • Brandschutzkonzepte und Fluchtwege
  • Barrierefreiheit bei Neubauten und größeren Umbauten
  • Genehmigungsverfahren mit Beteiligung verschiedener Behörden

Risiken für Eigentümer

  • Kostenexplosion: Schon kleinere Umbauten können durch Auflagen deutlich teurer werden.
  • Genehmigungsrisiken: Verzögerungen durch komplexe Verfahren oder Ablehnungen.
  • Planungsunsicherheit: Änderungen in der Bauordnung oder technischen Normen können Projekte gefährden.
  • Insolvenzrisiko bei beauftragten Firmen

9. Brandschutz und zweiter Rettungsweg: Sicherheit als Pflicht, Kosten als Risiko

Der Brandschutz ist ein elementarer Bestandteil der Berliner Bauordnung und spielt insbesondere bei Mehrfamilienhäusern eine zentrale Rolle. Neben dem Schutz von Leben und Gesundheit geht es auch um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, die bei Neubauten und Sanierungen streng kontrolliert werden.

 

Anforderungen an den Brandschutz

  • Feuerwiderstandsklassen für tragende Bauteile
  • Brandabschnitte zur Verhinderung der Ausbreitung von Feuer
  • Rauchwarnmelderpflicht in Wohnungen
  • Brandschutzkonzepte bei größeren Bauvorhaben
  • Flucht- und Rettungswege müssen jederzeit nutzbar und sicher sein

Der zweite Rettungsweg

Besonders relevant ist der zweite Rettungsweg, der in Gebäuden mit mehr als zwei Nutzungseinheiten vorgeschrieben ist. Dieser kann entweder:

  • baulich erfolgen (z.B. über ein zweites Treppenhaus oder eine Außentreppe),
  • oder technisch über Rettungsgeräte der Feuerwehr (z.B. Drehleiter), wobei dies nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.

Risiken für Eigentümer

  • Nachrüstpflichten bei Bestandsgebäuden, insbesondere bei Nutzungsänderungen oder Umbauten und Aufhebung des Bestandsschutzes – mithin kann es zur Nutzungsuntersagung kommen
  • Hohe Kosten für bauliche Maßnahmen wie Außentreppen, Brandschutztüren oder Rauchabzugsanlagen
  • Genehmigungsrisiken, wenn der zweite Rettungsweg nicht nachgewiesen werden kann
  • Haftungsrisiken bei Verstößen gegen Brandschutzvorgaben
  • Der neue Energieausweis kann deutlich „schlechter“ ausfallen

  

Fazit: Wachsamkeit und strategische Planung sind gefragt

Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern in Berlin ist es essenziell, politische Entwicklungen und regulatorische Änderungen genau zu beobachten. Je nach Risikoaffinität sind verschiedene Maßnahmen zur Abwehr der Risiken denkbar (z.B. Bildung von Rücklagen). Gerne können Sie uns bei Fragen zur Verwaltung oder zum Verkauf unter Berücksichtigung der vorgenannten Risiken kontaktieren.

 

 

 

 

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